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Mein Jakobsweg – elfter Tag von Cesantes nach Pontevedra

Kurz bevor ich mich auf den Weg machte, unterhielt ich mich noch einmal mit Ralf und fragte ihn, ob er den Kontakt aufrechterhalten möchte. Zu meiner Freude bejahte er das und wir tauschten die Nummern aus. Dann machten wir noch ein Foto von einander und ich lachte innerlich, als ich sah, daß er genau wie ich auch, seine Brille, vor dem fotografieren abnahm. Eine lustige Gemeinsamkeit. Danach nahm ich mir, einer inneren Eingebung folgend, aus der Grabbelkiste, noch einen roten Regenponcho mit, da ich meinem jüngst gekauften, irgendwie immer noch nicht über den Weg traute. Das war die zweite Herberge, wo ich so eine Kiste, mit zurück gelassenen Dingen der Pilger sah. Aber gut, ich war ja auch, seit Ponte de Lima nicht mehr in offiziellen Herbergen gewesen. Dies war zwar auch keine offizielle Herberge, aber trotzdem stellten sie so eine Kiste zur Verfügung, was mich freute. Zum Schluß, schrieb ich noch einen Gästebucheintrag, verabschiedete mich bei Ralf und machte mich auf den Weg (Dieser schrieb mir übrigens gestern, daß es in Cesantes, doch einen Supermarkt gibt. Ich hatte ihn nur nicht gefunden. Ich kann von daher auch keinen Tip geben, wo der ist. Aber es gibt ihn.):

Camino Portugues - Tag 10-090826

Nach ein paar Minuten, ging es erst mal anständig bergauf. Vor mir sah ich ein Pilgerpaar, die von ihrem Fahrrad gestiegen waren und schoben. Ich wäre das auch nicht hoch gefahren! So quälten wir uns gemeinsam die Anhöhe hoch und das bei mir, mit nur einer Tasse Kaffee, im Blut. Danach war ich auf jeden Fall sowas von wach und japste, wie die anderen beiden, vor mich hin. Oben angekommen, sah ich dann eine ganze Muschelwand, beschrieben mit unterschiedlichsten Gedanken und Wünschen. Sogar seine Schuhe, hatte jemand zurück gelassen!

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Zwei der Muscheln, hatten mich extrem berührt. Ein Mann hatte jeweils eine Muschel für seine Frau und eine für seinen Sohn geschrieben. Nachdem ich gestern die Kerze für meinen Vater angezündet hatte, berührte mich das natürlich besonders stark und ich wurde wieder traurig. Wie gesegnet Frau und Sohn doch waren, so sehr geliebt zu werden:

Camino Portugues Tag 11

Anschließend ging es weiter durch den Wald:

bis zu einer tollen Aussicht, über einen See:

Camino Portugues Tag 11

Als ich im nächsten Ort ankam, beschloß ich, nach meinen Blasen zu sehen und eventuell die Fäden heraus zu ziehen. In dem Augenblick kamen zwei Frauen vorbei, die Krankenschwestern waren und schüttelten den Kopf, als ich ein neues Pflaster, auf meinen noch immer vor sich hin suppenden Zeh, kleben wollte . Dann holten sie aus ihrem Rucksack eine Kompresse und Klebeband und befestigten es damit, auf der Wunde. Auch das war, wie sich hinterher heraus stellte, die richtige Entscheidung. Schließlich drückten sie mir noch ein Blasenpflaster in die Hand und zeigten auf eine Stelle am Fuß, die noch gar keine Blase hatte. Sie sagten, da würde die Nächste kommen, wenn ich das nicht sofort abklebte und gingen weiter. Ich bedankte mich bei Ihnen und Gott, daß er mir die beiden im rechten Augenblick vorbei geschickt hatte. Von all den Pilgern, in dem Augenblick, auf zwei Krankenschwestern zu treffen, war schon extrem unwahrscheinlich und doch waren sie auf einmal da. Da ich mir aber nicht vorstellen konnte, daß an der angedeuteten Stelle wirklich eine Blase kommen würde, steckte ich das Pflaster erst einmal ein, um es mir für den Notfall aufzusparen. Ich hatte mich zwar mit Pflastern eingedeckt. Aber nur mit den billigsten und die beiden hatten mir ein richtig teures Blasenpflaster geschenkt. Das wollte ich in dem Augenblick nicht verschwenden. Wie sich später jedoch heraus stellte, behielten sie Recht und ich bekam genau an der prophezeiten Stelle, tatsächlich eine Blase. Ich war sprachlos. Ich schwor mir dann, zukünftig auf einen solchen Rat zu hören, wenn ich noch einmal einen bekommen sollte. Bevor ich den Ort verließ, an dem ich meine Füße versorgt hatte, freute ich mich auch hier wieder, die kleinen Pilgerandenken zu sehen:

Camino Portugues Tag 11

Nach einer Weile kam ich immer näher, an den See heran. Es war wirklich schade, daß es so düster war, sonst hätten die Videos und Fotos ganz sicher noch viel schöner gewirkt. Aber so ist es auf dem Jakobsweg, wie auch im Leben generell. Man muß es nehmen, wie es kommt und dann eben das Beste draus machen:

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Anschließend ging es durch kleine Gassen wieder nach oben und etwas später, auch aus dem Dorf. Als dann große Steine kamen, auf denen es abwärts in den Wald ging, habe ich erneut versucht, während des Laufens zu filmen; um einen intensiveren Eindruck, vom Weg zu vermitteln. Da es ja anfangs bergab und später über unebenen Boden ging, war die ruhige Kameraführung allerdings, nicht ganz so einfach.:

Etwas später, kam ich zu einem langen Drahtzaun, an dem überall von Hand gefertigte Kreuze aus den herumliegenden Ästen, befestigt waren. So etwas hatte ich ja noch nie gesehen. Ich nahm an, daß die Pilger, im Gedenken an ihre Verstorbenen diese hinterlassen hatten:

Nachdem ich fertig war mit filmen, kam noch einmal ein anderer Zaun mit neuen Kreuzen und so befestigte ich dann auch ich im Gedenken, an meine verstorbenen Großeltern und zwei andere liebe Frauen, die ich an den Krebs verloren hatte, ein Kreuz am Zaun:

Camino Portugues Tag 11

Doch zuvor traf ich Barbara auf diesem schönen Wegstück links wieder:

Camino Portugues Tag 11

Sie erkundigte sich nach meinem Empfinden und sprach erneut ihre Bewunderung aus. Sie sagte, daß sie ihren Mädels, bereits von mir erzählt hatte. Ich wußte zwar nicht, wer das war, freute mich aber darüber. Sie sagte, sie könne gar nicht glauben, wie (emotional) stark ich sei und wie viel Gottvertrauen ich hätte. Auch sie hatte mich gefragt, ob ich keine Angst hätte, den Weg allein zu laufen. Das verneinte ich und sagte ihr, daß ich ja schließlich den Jakobsweg gehe und Gott immer bei mir ist. Was soll mir denn da passieren? Wenn ich irgendwo sicher bin, dann doch hier. Und das empfand und meinte ich auch so. Sie staunte, holte ihr Handy heraus und machte ein Foto von uns. Sie sagte, da sie mich jetzt schon zum zweiten Mal gesehen hatte, mußte sie unbedingt ein Foto von uns Beiden machen. Ich machte im Anschluß, dasselbe mit meinem Handy. Da ich aber nicht weiß, ob ihr eine Veröffentlichung dieses Bildes hier recht wäre, werde ich es auch nicht abbilden. Anschließend trennten wir uns wieder.

Wieder im Wald, sah ich dann diese interessanten Figuren und stellte mich für ein Foto hinter sie:

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Nach dieser Pilgerfigur, mit den angemalten Schuhen (gelb für Santiago de Compostela und blau für Fatima als Ziel), ging es weiter durch den Wald:

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Aber schon nach kurzer Zeit, wurde es sehr windig und fing an zu regnen:

Also kramte ich nach dem Video, mein 8 Euro Regencape aus dem Rucksack und fragte lachend eine vorbei kommende Pilgerin, ob sie mal ein Bild, von mir in diesem schicken Teil machen könnte. Ich sah aus wie ein schwarzer Luftballon. Noch ein bißchen mehr Wind und ich würde wahrscheinlich abheben:

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Vorsichtshalber, verpackte ich meine Technik, doch noch mal in Zippbeuteln. Sicher ist sicher! Und dann fing es auch tatsächlich, richtig an, zu schütten. Ich war so erleichtert, als ich eine offene Kapelle fand, in die sich auch schon eine andere Pilgerin geflüchtet hatte. Das Regencape schien zwar dicht zu sein. Allerdings, hatte es vorne nur ein paar Druckknöpfe und durch den Wind, kam der Regen durch die Lücken. Gut, daß ich mein Handy in dem Zipbeutel hatte. Ich stellte meine Stöcke ab und stempelte meinen Pilgerausweis. (In vielen Geschäften, Kapellen oder auch Herbergen, kann man sich den Stempel selber geben. Ist ja auch eigentlich wurscht, wer den gibt. Denn da ist da!) Leider tropfte aber etwas Wasser von meiner Kleidung, auf meine vorherigen Stempel, was ich sehr schade fand, da sie deshalb leicht verliefen. Ich versuchte die Wasserflecken weg zu tupfen und steckte anschließend, den Ausweis wieder in meine Tasche. Jetzt erst fiel mir auf, wie mystisch diese Kapelle, so ganz ohne elektrisches Licht, nur von Kerzenschein erleuchtet, eigentlich wirkte. Das Unwetter draußen, verstärkte den Eindruck natürlich noch. Auch das versuchte ich in einem Video einzufangen:

Die Pilgerin und ich beschlossen, den Regenguß abzuwarten, der sich ja gleich, bestimmt wieder geben würde.

Camino Portugues Tag 11

Aber irgendwie verbesserte sich nichts. Dann kam mit einem Mal die Gruppe, der Amerikanerinnen vorbei gelaufen, die mir in Rubiães, das Desinfektionsmittel geschenkt hatten. Ich rief ihnen zu, daß sie in die Kapelle kommen sollten, wenn sie einen Stempel haben wollten. Natürlich wollten sie und ich zeigte ihnen, wo er war. Während dessen nahm das Unwetter draußen, immer mehr zu und nach einem Blick auf meine Wetterapp, zeigte sich, daß abwarten nichts bringen würde. Als ich mit Entsetzen fest stellte, wie das Regenwasser auf der Sraße, sich zu immer größeren Fützen ansammelte, wußte ich, daß wir alle weiter gehen sollten. Die Pilgerin, die ich bei meiner Ankunft getroffen hatte, machte sich sofort auf den Weg. Kurz bevor auch die Amerikanerinnen und ich gehen wollten, schaute ich, einer inneren Eingebung folgend, noch mal auf mein Handy. Gott sei Dank! Denn da ich whatsapp Nachrichten, grundsätzlich auf lautlos stelle, hätte ich die wichtige Nachricht von Su sonst verpaßt. Sie warnte mich eindringlich vor dem Complementario. Da ich bisher keinen Reiseführer gelesen hatte, wußte ich natürlich erst mal nicht, was das sein sollte. Ich fragte die Amerikanerinnen und diese hatten, den Reiseführer, gelesen. Sie erzählten mir, daß dies eine Abzweigung nach Pontevedra sei, die noch kommen würde. Das ist im Prinzip, ein wunderschöner Naturweg, aber nur bei gutem Wetter. Su erzählte mir später, daß sie mit einer Gruppe unterwegs war, die alle bis zu den Knien im Schlamm und Wasser steckten. Die Flüsse waren über die Ufer getreten und sie versuchten sich da durch zu kämpfen, um da raus zu kommen. Ich besprach mich mit den Amerikanerinnen und fragte sie, ob sie wüßten, wo der Complementario genau sei. Sie meinten, das sei eine Abzweigung, die wohl kurz bevor stand. Und noch heute, bekomme ich eine totale Gänsehaut, wenn ich daran zurück denke. Da der Regen nun schon waagerecht zu kommen schien und überall hin peitsche, zog ich meinen roten Poncho, zusätzlich über. Gemeinsam gingen wir hinaus und versuchten uns zu beeilen. Die kleinen Rinnsaale an der Seite der Sraße, waren bereits über die Ufer getreten und es war das erste Mal, daß ich Angst bekam. Sowas kannte ich nur aus dem Fernsehen. Von überall kam das Wasser und ich versuchte mich innerlich zu beruhigen. Dann sah ich, was Su meinte. Wieder zwei verschiedene Wegweiser, wo einer sichtbar in die Natur führte und der andere, nur langweilig an der Straße lang. Ohne Sus Warnung, hätten wir alle, den Naturweg genommen. Nur durch ihre Warnung und eine innere Stimme, die mir sagte, noch mal auf mein Handy zu sehen, wurden wir vor diesem Desaster bewahrt. Dieses Mal, beschloß ich bei den anderen zu bleiben, da wir als Gruppe, die besseren Chancen hatten, hier durch zu kommen. Wir hielten unsere Ponchos fest, die flatterten, wie kleine Fähnchen im Wind und versuchten uns gemeinsam durch hohe Pfützen, Sturm und vorbei an herunter kommenden Wassermassen, zu kämpfen. Wenn dieser Weg an der Straße, schon so schlimm aussah, dann wollten wir gar nicht erst wissen, was uns auf dem Naturweg, gedroht hätte. Und immer, wenn die Angst durchkommen wollte, betete ich innerlich zu Gott und versuchte mir immer wieder zu sagen, daß er uns doch nicht die Warnung geschickt hätte, um uns hier verunglücken zu lassen. Irgendwann sahen wir ein Polizeiauto, durch die Wassermassen auf uns zu fahren und waren erleichtert, als wir sahen, daß der Polizist kurz nach uns Ausschau hielt. Als er sah, daß alles in Ordnung war, fuhr er weiter. Wahrscheinlich auf der Suche nach einzelnen Pilgern, die nicht mehr weiter kamen. Wir hatten großes Glück, denn kurz danach, kam Pontevedra in Sicht. Ich war so unglaublich dankbar und erleichtert, daß ich laut schrie und im Regen tanzte. Wir waren hier durch gekommen. Alle. Heile. Danke Gott! Ein Mann, der sich bei einem Gebäude untergestellt hatte, guckte mich befremdlich an und ich lachte noch lauter. Was der jetzt dachte, war mir wirklich, zum ersten Mal in meinem Leben, scheißegal! Ich war nur noch glücklich und dankbar. Genauso wie die Amerikanerinnen. Der Mann muß echt gedacht haben, daß wir alle einen an der Waffel haben. Getreu dem Motto. „Die spinnen, die Pilger!“ Ich lachte nur, am meisten über mich selbst. Ich hielt mein Gesicht in den strömenden Regen und war so glücklich!

In der Stadt trennten wir uns dann, da sie woanders als ich, übernachteten.

Als ich die Pension betrat, die nichts anderes, als eine große Wohnung war; wo nicht nur die Besitzerin, als auch, deren riesige Familie wohnten, staunte ich über die Einrichtung. Ich hatten den Eindruck, als würde ich in eine andere Zeit eintreten.

Als erstes jedoch, zog ich alle nassen Sachen aus und hängte sie, an die Gaderobe. Die Schuhe stellte ich, auf das überall bereit gestellte Zeitungspapier und war froh, daß die Besitzerin, eine Standheizung, angemacht hatte. Als ich die Zimmertür öffnete, mußte ich kurz lachen. Ich hatte noch nie in meinem Leben, ein rautenförmiges Zimmer gesehen. Auf dem Foto, kommt das leider nicht so gut rüber.

Camino Portugues Tag 11

Ich bedankte mich nochmal bei Su und sah ihr beim Schuhe Fönen zu. Nachdem ich geduscht und mir trockene Kleidung angezogen hatte, machte ich noch ein paar Bilder von der Wohnung und konnte mir das Grinsen, immer noch nicht verkneifen:

Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Da der Regen komplett aufgehört und ich Hunger hatte, machte ich mich auf den Weg in die Stadt. Damit meine Regensachen wenigstens eine Chance zu trocknen hatten, lies ich sie da. Aber natürlich kam, was kommen mußte. Es fing, ganz plözlich an, erneut zu regnen. Eigentlich hätte ich mir das ja denken können und ich seuftze. Doch bevor es richtig los ging , sah ich plötzlich am Boden und zwar direkt vor meinen Füßen, einen Regenschirm. Das ist jetzt wirklich kein Witz! Da hatte jemand, wahrscheinlich aus der großen Touristengruppe, die vor mir her gegangen war, einen Schirm hin geschmissen. Gut, er war ein bißchen verbogen und verbeult. Aber, funktionierte wenigstens noch. Ich war unglaublich berührt und dachte mir nur, das glaubt Dir kein Mensch! Drei Wunder, an einem Tag. Für die meisten Menschen wahrscheinlich, ein Zufall. Nein, drei Zufälle. Aber für mich, sind und bleiben es drei WUNDER.

1: Die zwei Krankenschwestern zur rechten Zeit

2: Sus Warnung und die innere Eingebung, nochmal auf mein Handy zu sehen, damit ich sie rechtzeitig bekommen konnte

3: Der Schirm. Es fängt an zu regnen und vor meinen Füßen, liegt ein zwar zerdellter, aber funktionierender Regenschirm.

Das war so wundervoll für mich! Daraufhin machte ich ein paar Bilder und Videos von der Innenstadt und freut mich nach dem Regenguß, wieder über die ab und zu durchkommende Sonne:

Camino Portugues Tag 11
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Camino Portugues Tag 11
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Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11
Camino Portugues Tag 11

Das Kloster und die Kirche fand ich sehr schön und weil ich so eine Dankbarkeit empfand, hätte ich gerne eine Messe miterlebt. Aber leider gab es zu dieser Zeit, wohl keine. Also ging ich noch ein bißchen durch die Straßen und schaute, wo ich günstig etwas zu Essen bekommen könnte. Ich ging eine ganze Weile und kam irgendwann, wieder kurz vor der Kirche an. Mit einem Mal, winkte mir das deutsche Pärchen zu, welches ich schon in Rubiães getroffen und ihnen den Weg zum „Supermarkt“ gezeigt hatte; sowie in O Porriño, wo sie mich nach meinen Beweggründen für den Jakobsweg gefragt hatten. Ich ging erfreut zu ihnen und sie erzählten mir, daß sie gerade in der Kirche waren, um diese zu besichtigen. Aber dann, hatte wohl, sowas wie ein Gottesdienst angefangen, da sind sie wieder gegangen. Da sie sich aber, noch daran erinnerten, daß ich gläubig sei, wäre das doch sicher was für mich. Ich fragte sie, wann das war und sie sagten, gerade eben. Ich bedankte mich und rannte aufgeregt zur Kirche, von der ich nur wenige Meter entfernt war. Ich hatte sogar noch mehr Glück, denn es war nur das Ave Maria und die eigentliche Messe, hatte noch gar nicht angefangen.

Im Anschluß, ging ich in einen Supermarkt und deckte mich mit Lebensmitteln ein. Da Su mir, am Abend zuvor so viel von ihrem Essen geschenkt hatte, kaufte ich für uns Beide, genügend Vorrat für den nächsten Tag und staunte nicht schlecht, als Su mir dann sagte, daß sie ebenfalls wieder etwas für uns gekauft hatte. Jetzt hatten wir wirklich viel zu Essen! Als ich merkte, daß meine Schuhe einfach nicht trocknen wollten, schnappte ich mir ebenfalls den Fön und versuchte meine Schuhe trocken zu kriegen. Denn mit nassen Wanderschuhen zu laufen, war absolut nicht schön! Ich guckte ganz schön blöd aus der Wäsche, als der dann einfach ausging. „Überhitzt“, sagte Su. „Du darfst den nicht in den Schuh rein halten. Der Fön ist alt! Der geht dann aus.“ Ooops dachte ich. Nach einer Weile, ging er glücklicherweise, trotzdem wieder an und ich versuchte erneut mein Bestes. Bevor wir schlafen gingen, konnten wir nicht umhin, uns noch über das rautenförmige Zimmer, schlapp zu lachen.

Danach schrieb ich in mein Tagebuch:

6. Juni 2019

Dieser Tag war extrem verregnet, um das mal ganz gelinde auszudrücken. Jetzt wußte ich zum ersten Mal, weshalb ich das ganze Regenzeug eigentlich mitgeschleppt hatte und nicht nur das. Da ja, meine Regenjacke nicht dicht war, hatte ich mir ein Regencape gekauft, von dem ich erst mal nicht wußte, ob das auch wirklich dicht ist. Deshalb hatte ich mir noch (einer inneren Eingebung folgend) einen knallroten Poncho aus der Grabbelkiste mitgenommen. In manchen Herbergen oder Hostels, lassen Pilger ihre Sachen für andere zurück.

Und dann fing es auch an zu regnen, erst nur ganz langsam und dann immer mehr. Das schwarze Regencape erwies sich auch als dicht, nur konnte man es vorne nicht so gut schließen. Also habe ich mir den Poncho drüber gezogen, denn der Regen peitsche von allen Seiten. Kurz bevor ich vor der Wahl zwischen 2 verschiedenen Wegen stand, bekam ich eine whatsapp von Su, daß ich eine der beiden Wegvarianten auf gar keinen Fall gehen soll, weil sie bei dem Wetter gefährlich ist. Sie war gerade mit einer Gruppe dort und standest knietief im Wasser und Schlamm. Es gab kein Durchkommen. Dieser Weg wäre übrigens genau der gewesen, den ich genommen hätte; da der Naturweg bekanntlich schöner, als der an der Hauptverkehrsstraße ist.

Also entschied ich mich natürlich, für den ungefährlicheren Weg. Das Wasser sammelte sich aber auch hier schon in riesigen Fützen und die kleinen Wasserläufe an der Seite, begannen über zu treten. Die Sicht war schlecht und jetzt wußte ich auch, wofür der rote Poncho da war. Nämlich damit ich von den Autofahrern gut gesehen werde.

Als ich später in unserer Unterkunft ankam, hörte es dann auf zu regnen und ich ging in die Stadt. Aber ohne das ganze Regengedöns. Dann plötzlich fing es wieder an und es ist unglaublich, was direkt vor meiner Nase lag… Ein Schirm, nur leicht angedellt, aber funktionsfähig. Den hatte jemand aus der großen Touristengruppe vor mir, dort hin geschmissen, weil er ihn aufgrund des Knicks in der Optik, wohl nicht mehr wollte.

Es war dann auch nicht verwunderlich, daß mir etwas später zwei Deutsche aus einer der vorletzten Unterkünfte begegneten und mitteilten, daß gerade ein Gottesdienst in der Kirche nur 1 Minute von mir entfernt begann. Das wäre doch was für mich. (Sie selbst waren nicht gläubig.) Ich hastete hin und mußte heulen, weil ich das kurz zuvor noch gedacht hatte, wie schön es doch wäre mal wieder zur Messe zu gehen und nun war ich dort.

Das ist nur ein kleines Beispiel von all den kleinen und großen Wundern des Jakobswegs. Mir liefen die Tränen vor Glück.

24 Kommentare zu „Mein Jakobsweg – elfter Tag von Cesantes nach Pontevedra

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        1. Ja, es war auch in der Tat mein inneres Kind, was diese Wunder gebraucht hat. Es war immer traurig und hat viel zu selten, etwas wirklich schönes, erlebt. Wunder schon gar nicht. Die gabs sonst immer nur für andere, oder halt im Märchen. Auf diesem Jakobsweg hingegen, wurde das zum ersten Mal, anders. Jeder Tag wurde besonders und damit für mich sehr, sehr wertvoll 🤗 Liebe Grüße

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          1. Noch etwas: In der Bibel steht, die Haare auf unserem Haupt seien gezählt. Und ist nicht jedes einzelne davon ein Wunder?

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          2. Tut mir leid, aber damit kann mein inneres Kind nichts anfangen und von dem sprachst Du ja (von dem Kindlichen). 😉 Womit ich das aber, keinesfalls herab würdigen will!!! Ich hoffe, Du verstehst mich da nicht falsch!

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          3. Dann bin ich beruhigt. 🤗 Ich wollte Dir nämlich auf gar keinen Fall vor den Kopf stoßen!!! Manchmal, ist es schwierig nur durch Worte zu kommunizieren. Ein Tonfall, Gesichtsausdruck und persönliches Gegenüber sitzen macht es da viel leichter. Das auch alles so ankommt, wie es gemeint war. Und selbst da, wird man noch mißverstanden. Ich wünsche Dir, ein schönes Wochenende 😄👍

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  1. Landschaftlich sind diese Strecken ja alle wunderschön. Ich kann schon nachvollziehen, dass einige diesen Weg wegen des Naturerlebnisses gehen. Die vielen Kreuze an den Zäunen sprechen dann aber doch eine andere Sprache!

    Das war ein Tag der Wunder voll. Das sollte alles so sein, wie du schon sagst, kein Zufall. Ich bin sehr gespannt auf das nächste Wunder, das dich so glücklich gemacht hat.

    Gefällt 2 Personen

    1. Ja, wobei dieses unglaubliche Erlebnis, welches noch kommt, diesmal kein Wunder war. Ich war eher total erstaunt und überrascht. Um das mal ganz gelinde auszudrücken. Es war aber doch erst zwei Tage später und nicht nur einen, wie ich zuerst dachte und hat mit genau jenen Amerikanerinnen zu tun, mit denen ich durch den Regen gegangen war. Aber mehr wird jetzt nicht mehr gesagt 😉

      Gefällt 2 Personen

    1. Ja, auf jeden Fall. Das war für mich persönlich, der Tag der Wunder. Allerdings gab es da nur zwei Tage später, eine unglaubliche Überraschung, die so schön war, daß ich eine Stunde am Stück, auch während des Laufens, nur noch geweint habe. Allerdings, weil ich so berührt und glücklich war. Doch mehr wird noch nicht verraten.

      Herzlichst Emily

      Gefällt 1 Person

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